Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 17.9.2024 zur zollwertrechtlichen Behandlung von Druckvorlagen für Umschließungen, Beistellungen und auf Beistellungen entfallenden Einkaufsprovisionen sowie zum Zollwert von Warenzusammenstellungen

14.1.2025

Mit Vorabentscheidungsersuchen vom 17. September 2024 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem EuGH wichtige Fragen zur zollwertrechtlichen Behandlung von Umschließungskosten, Beistellungen und Einkaufsprovisionen sowie zur Zollwertermittlung bei Warenzusammenstellungen gestellt (VII R 28/21; ECLI:DE:BFH:2024:VE.170924.VIIR28.21.0). Hierbei geht es insb. um die Beurteilung, welche Hinzurechnungsnormen aus Art. 71 UZK (für Einfuhren ab dem 1.5.2016; auf die Nennung des bis zum 30.4.2016 geltenden inhaltsgleichen Art. 32 ZK wird nachfolgend verzichtet) in Bezug auf Kosten anzuwenden sind, die im Zusammenhang mit der Erstellung und Beschaffung von Druckvorlagen angefallen sind, welche bei der Herstellung der eingeführten Warenzusammenstellung sowie deren Umschließung verwendet wurden. Denn danach richtet sich die Entscheidung, ob solche Kosten in den Zollwert der Einfuhrwaren einzubeziehen sind.

Zum Sachverhalt: 
Die Klägerin führte Glas-, Porzellan und Keramikwaren aus der Volksrepublik China ein und ließ diese in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Darunter befanden sich in China gefertigte Porzellanbecher, auf denen die Hersteller mittels auf das Porzellan gebrannter Abziehbilder Ausschmückungen aufgebracht hatten. Die Becher wurden zusammen mit Korkuntersetzern, die ebenfalls die genannten Bilder trugen, in Geschenkkartons, welche in gleicher Weise bebildert waren, in das Zollgebiet der Union eingeführt. Die Klägerin hatte die Bilder den in Taiwan und Hongkong ansässigen Herstellern der Abziehbilder, Korkuntersetzer und Kartons per PDF-Datei kostenlos zur Verfügung gestellt. Diese Lieferanten übermittelten die Abziehbilder sowie die bebilderten Korkuntersetzer und Kartons an die Hersteller der Porzellanbecher in China. Die Klägerin hatte die Bilder von Designern in Deutschland entwickeln lassen und dafür Lizenzzahlungen geleistet. Bei den Zollanmeldungen zur Überlassung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr gab die Klägerin die Lizenzzahlungen für das Design nicht an.

Für die Klägerin ist bei dem Einkauf der Glas-, Porzellan- und Keramikwaren sowie bei dem Einkauf der hierfür verwendeten Beistellungen die A Ltd. als Agentin tätig geworden. Für die Tätigkeit als Agentin bei dem Einkauf von Beistellungen, die bei der Herstellung von Porzellanwaren in China verwendet worden sind, stellte die A der Klägerin gesonderte Rechnungen über eine von dieser gezahlten Provision aus. In ihren Zollanmeldungen zur Überlassung der eingeführten Waren zum zollrechtlich freien Verkehr gab die Klägerin die Provisionszahlungen an die A ebenfalls nicht an.

Nach einer Außenprüfung kam das beklagte Hauptzollamt (HZA) zu dem Schluss, dass die der Klägerin entstandenen Kosten für die Entwicklung des Designs, welches für die Herstellung der Abziehbilder, Korkuntersetzer und Bilder auf den Geschenkkartons verwendet worden war, dem Zollwert der eingeführten Porzellanbecher nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK (bzgl. der Kosten für die Abziehbilder, die auf die Porzellanbecher gebrannt und auf die Korkuntersetzer aufgebracht wurden) und nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii UZK (bzgl. der Kosten für die Abziehbilder, die auf die Geschenkkartons aufgebracht wurden) hinzuzurechnen seien. Zudem vertrat das HZA die Ansicht, dass die an D gezahlten Provisionen für das Beschaffen der Abziehbilder und Korkuntersetzer nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK ebenfalls dem Zollwert hinzuzurechnen seien, da diese Provisionen nicht im Zusammenhang mit dem Einkauf der Porzellanbecher, sondern der beigestellten Abziehbilder und Korkuntersetzer angefallen seien.

Hiergegen wehrte sich die Klägerin und erhob schließlich Klage beim Finanzgericht (FG). Das FG gab dieser nur in geringem Umfang statt. Es hob die Nacherhebung insoweit auf, als das HZA dem Transaktionswert Kosten für die Entwicklung des Designs, das für die Korkuntersetzer verwendet worden war, und Einkaufsprovisionen für die Korkuntersetzer hinzugerechnet hatte. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Mit der Revision wehren sich sowohl das HZA als auch die Klägerin gegen die Entscheidung des FG. 
Nach Ansicht das BFH im hier vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen sei die rechtliche Würdigung des Streifalls unionsrechtlich zweifelhaft. Zum einen ließe sich nicht eindeutig beurteilen, ob die Kosten für die Erstellung der Druckvorlagen bzgl. der Aufdrucke auf den Geschenkkartons zu den Umschließungskosten i.S.d. Art. 71 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii UZK zu rechnen und damit dem Transaktionswert hinzuzurechnen seien oder ob der Wert der Druckvorlagen als geistige Beistellungen nicht zollwerterhöhend sei, weil diese in der EU erstellt wurden. Zum anderen sei unklar, ob Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK hinsichtlich der dem Hersteller der Porzellanbecher beigestellten Abziehbilder so weit ausgelegt werden könne, dass zum Wert der beigestellten Abziehbilder auch die Kosten für die in der EU erstellten Druckvorlagen hinzuzurechnen sind. Des Weiteren sei vom EuGH bislang auch noch nicht entschieden worden, ob Einkaufsprovisionen, die für die Beschaffung von Beistellungen zu entrichten sind, in den Wert solcher Beistellungen und damit in den Zollwert der mittels der Beistellungen hergestellten Einfuhrwaren einbezogen werden müssen. Dies hatte der BFH in einem anderen Fall zwar selbst mit Urteil vom 12.12.2002 VII R 43/01 (BFHE 200, 468) entschieden. Der vorliegende Fall biete indes jedoch Gelegenheit, eine unionsweite einheitliche Rechtsanwendung zu dieser Frage sicherzustellen. Letztlich stelle sich unionsrechtlich auch die Frage, ob aus einer Einreihung als Warenzusammenstellung i.S.d. Allgemeinen Vorschrift 3b zum Zolltarif (AV 3b) folge, dass diese Warenzusammenstellung auch zollwertrechtlich als Einheit anzusehen sei. Die Klägerin und das FG verneinen dies und kommen zu dem Ergebnis, dass die Korkuntersetzer keine Beistellungen i.S.d. Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK seien. Auch dies sei in der Rechtsprechung des EuGH bislang noch nicht geklärt worden.

Nach alledem setzt der BFH das Revisionsverfahren aus und legt dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:
1. Sind die Kosten für die im Zollgebiet der Union erfolgte Erstellung von Druckvorlagen für Umschließungen dem Transaktionswert nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii UZK oder nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK hinzuzurechnen, wenn die im Zollgebiet der Union ansässige Käuferin die Druckvorlagen den Lieferanten der Umschließungen im Drittland kostenlos in elektronischer Form zur Verfügung stellt?
2. Sind die Kosten für die im Zollgebiet der Union erfolgte Erstellung von Druckvorlagen für Beistellungen dem Transaktionswert nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK hinzuzurechnen, wenn die im Zollgebiet der Union ansässige Käuferin die Druckvorlagen den Lieferanten der Beistellungen im Drittland kostenlos in elektronischer Form zur Verfügung stellt? Ist das Tatbestandsmerkmal "Wert der in den eingeführten Waren enthaltenen Materialien" gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK dahingehend auszulegen, dass der Wert einer innerhalb des Zollgebiets der Union erbrachten geistigen Leistung, die dazu verwendet wird, eine Materialbeistellung herzustellen, in den Wert der Materialbeistellung einfließt, oder richtet sich eine solche Hinzurechnung ausschließlich nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK?
3. Sind Einkaufsprovisionen in den Wert von Beistellungen gemäß Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK einzubeziehen, sofern diese Einkaufsprovisionen im Zusammenhang mit der Beschaffung der beigestellten Vormaterialien entrichtet werden und nicht für die Beschaffung der Ware als solche?
4. Folgt aus einer Einreihung als Warenzusammenstellung aufgrund der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur 3 Buchst. b, dass diese Warenzusammenstellung auch zollwertrechtlich als Einheit anzusehen ist?

Das Vorabentscheidungsersuchen des BFH ist für die zollwertrechtliche Praxis von enormer Bedeutung. Es wird in Fach 7300 Nr. 51 – mit ausführlichen Anmerkungen versehen – aufgenommen.

SV


Verlag C.F. Müller

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