12.12.2024
Unmittelbar vor Redaktionsschluss hat das BMJ eine „Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen für einen aus der Mitte des Bundestages einzubringenden Gesetzentwurf - Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern“ vorgelegt.
Ziel ist es, dass die Neuregelung ein Gesetzgebungsverfahren trotz der anstehenden Neuwahlen so rechtzeitig durchlaufen kann, dass sie zum 1.1.2026 in Kraft treten kann.
Diese Formulierungshilfe baut auf einem Referentenentwurf des BMJ vom 16.9.2024 auf.
Die Materialien zum Gesetzgebungsverfahren (Referentenentwurf, Stellungnahmen zu diesem Entwurf sowie die aktuelle Formulierungshilfe) können von der Internetseite des BMJ heruntergeladen werden.
Der ursprüngliche Referentenentwurf sah die folgenden Eckpunkte vor:
- Änderungen auch für andere Berufsgruppen, so sollen die Stundensätze für Berufsvormünder um ca. 10 % angehoben werden.
- Die geringste Vergütungsstufe (Tabelle A) wird abgeschafft. Stattdessen wird es nur noch 2 Vergütungsstufen geben - die Grundstufe (Nachfolge der bisherigen Tabelle B) und die Qualifikationsstufe (Nachfolge der bisherigen Tabelle C).
- Das Vergütungssystem soll stark vereinfacht werden, insgesamt soll dabei bezogen auf 2019 eine Vergütungserhöhung um 12,7 % herauskommen.
- Das Unterscheidungskriterium „Stationär oder andere Wohnform“ soll entfallen.
- Hinsichtlich der Dauer der Betreuung wird nur noch zwischen dem ersten Jahr und allen Folgejahren unterschieden.
- Die Unterscheidung „mittellos - nicht mittellos“ bleibt erhalten, die Vergütung für die Betreuung nicht mittelloser Menschen wird deutlicher angehoben als die Vergütung für die Betreuung mittelloser Menschen.
- Sämtliche gesonderten Pauschalen (Verwaltung von nicht selbst genutztem Wohnraum, hohes Geldvermögen, Übernahme von einem oder Abgabe an einen ehrenamtlichen Betreuer) entfallen. Es gibt auch keinen Ausgleich für andere besondere Fallkonstellationen, die hohe Belastungen mit sich bringen, aber so selten vorkommen, dass die Mehrbelastung nicht durch eine Mischkalkulation ausgeglichen werden kann (z.B. im Fall der Notwendigkeit eines Dolmetschers, um sich mit dem Klienten verständigen zu können).
Dieser Vorschlag ist durchweg kritisiert worden - es gab ausschließlich ablehnende Stellungnahmen. Dabei werden u.a. die folgenden Argumente genannt:
- Von 2019 bis zum vorgesehenen Inkrafttreten der Vergütungserhöhung wird die Inflation ca. 23 % betragen haben. Bei einer Erhöhung um 12,7 % hätten Betreuer also im Vergleich zu 2019 immer noch einen massiven Kaufkraftverlust hinzunehmen. Hinzu kommt, dass dabei noch nicht einmal die durch die Reform des Betreuungsrechts 2023 verursachte Mehrarbeit berücksichtigt ist.
- Die Mehrarbeit in der ersten Zeit nach Übernahme einer Betreuung wird nicht ausreichend berücksichtigt.
- Die verstärkte Unterscheidung „mittellos - nicht mittellos“ ist nicht sachgerecht. Die Betreuung „nicht mittelloser“ Menschen verursacht im Regelfall keine entsprechende Mehrarbeit, eher ist das Gegenteil der Fall.
- Das eher aussagekräftige Kriterium „stationär oder andere Wohnform“ wird hingegen fallengelassen, das ergibt keinen Sinn. Der Wegfall dieses Kriteriums ohne Übergangsregelung führe zudem zu Verwerfungen, für die es keine fachliche Berechtigung gibt. Wenn plötzlich für beide Gruppen von Betreuungen die gleiche Vergütung gezahlt wird, wird das einem Mittelwert entsprechen. Wer überwiegend Klienten betreut, die noch in der eigenen Wohnung leben, wird ab dem 1.1.2026 schlagartig Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, wer überwiegend Heimbewohner betreut, wird mehr verdienen. Es besteht kaum die Möglichkeit, den Bestand an Betreuungen den neuen Gegebenheiten rechtzeitig anzupassen. Und auf jeden Fall ist die vorgesehene Regelung auch kein Anreiz dafür, betreuten Personen (sofern sie das wünschen) möglichst lange ein Leben in der eigenen Wohnung zu ermöglichen.
Wohl auch aufgrund der ablehnenden Stellungnahmen wurden in der jetzt veröffentlichten Formulierungshilfe einige Änderungen gegenüber dem vorherigen Referentenentwurf vorgenommen. Allerdings bleibt es bei der Vorgabe, dass die Erhöhung insgesamt 12,7 % betragen soll. Die Vergütungserhöhung soll also nicht stärker ausfallen, es soll lediglich die Verteilung auf die unterschiedlichen Fallkonstellationen geändert werden, um ungerechte Ergebnisse zu vermeiden. Gegenüber dem Referentenentwurf sind vor allem die folgenden Änderungen enthalten:
- Die unterschiedliche Vergütung für die Betreuung von Bewohnern einer stationären Einrichtung und Bewohnern einer anderen Wohnform soll doch beibehalten werden,
- da die gegenwärtigen Kriterien für die Zuordnung zu einer der Wohnformen kompliziert sind und bereits zu etlichen Streitigkeiten und Rechtsmittelverfahren geführt haben, soll die betreffende Regelung stark vereinfacht werden,
- der Unterschied der Vergütung für die Betreuung mittelloser und nicht mittelloser Menschen fällt geringer aus.
Die Abschaffung der niedrigsten Vergütungsstufe und aller gesonderter Pauschalen sowie die geringere Berücksichtigung der Dauer einer Betreuung sollen aber beibehalten werden.