Rechtsprechung: AG Frankfurt a.M. Beschluss v. 16.08.2024 – 408 XIV 1677/24 L zur doppelten Unterbringung nach Betreuungsrecht und PsychKHG

10.9.2024

In dem Beschluss des AG Frankfurt a.M. geht es um die Frage, ob zusätzlich zu einer Unterbringung auf Grundlage des § 1831 BGB auch noch eine Unterbringung auf Grundlage des öffentlichen Rechts - in dem entschiedenen Fall der §§ 17, 9 des Hessischen PsychKHG - erfolgen kann.

Zum Teil ist das bisher bejaht worden, so durch das LG Itzehoe Beschluss v. 7.1.2016 – 4 T 4/16, sowie das AG Brandenburg Beschl. v. 7.12.2016 – 97 XIV 216/16 L. Die Unterbringungsvorschriften entsprängen einmal dem Zivilrecht und einmal dem öffentlichen Recht der Gefahrenabwehr, weshalb sie in keinem juristischen Konkurrenzverhältnis zueinander stünden mit der Folge, dass die Unterbringungen jeweils unabhängig voneinander angeordnet und damit auch wieder aufgehoben werden könnten, so dass die Unterbringung nach dem PsychKG nicht bereits deswegen entbehrlich sein könne, weil eine – jederzeit aufhebbare – Unterbringungsmaßnahme nach dem BGB vorliege.

Anders sieht es aber das AG Frankfurt am Main: Eine doppelte Unterbringung widerspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie sei offensichtlich nicht unerlässlich, sodass sie bereits aus materiell-rechtlichen Gründen ausgeschlossen sei. Befindet sich der Betroffene einmal in der Psychiatrie, sei sowohl der Eigen- als auch der Fremdgefährdung soweit begegnet worden, wie es durch eine Unterbringung möglich ist. Es sei schlicht nicht mehr erforderlich, den Betroffenen „ein zweites Mal“ unterzubringen, da sich an der zugrundeliegenden Situation auch durch die zweite, „rein rechtliche“ Unterbringung nichts ändern würde. 

Außerdem benachteilige eine doppelte Unterbringung die Betroffenen in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 IV GG unangemessen, da die Unterbringung ggf. mit zwei Rechtsmitteln angegriffen werden müsste. Damit eine Person untergebracht werden kann, müsse sie zwangsläufig infolge einer psychischen Störung so akut erkrankt sein, dass sie eine erhebliche Gefahr für sich oder andere darstellt. In diesem Zustand die rechtlichen Grundlagen einer Unterbringung nachzuvollziehen, sei für die meisten Betroffenen nur schwer möglich. Ihnen verständlich zu machen, dass sie aus rein rechtlichen Gründen doppelt untergebracht werden und daher für faktisch ein- und dieselbe Sache doppelt Beschwerde einlegen müssen, werde für sie oftmals kaum zu begreifen sein. Insbesondere bei derart gravierenden Grundrechtseingriffen wie bei Unterbringungen, Zwangsbehandlungen oder Fixierungen müsse aber ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet sein.

Abschließend weisen wir noch auf drei Entscheidungen des BGH zu Fragen in Zusammenhang mit einer geschlossenen Unterbringung bzw. einer Zwangsbehandlung hin:

In dem Beschluss v. 12.6.2024 – XII ZB 572/23 stellt der BGH in Bezug auf den in § 1832 I Nr. 4 BGB geforderten ernsthaften Versuch, einen Betreuten vor einer Zwangsbehandlung mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen, fest, dass, dieser in einem Genehmigungsbeschluss nicht einfach pauschal behauptet werden darf. Damit eine Überprüfung im Verfahren der Rechtsbeschwerde möglich ist, müssen vielmehr nähere Angaben zur Ausgestaltung des Überzeugungsversuchs erfolgen.

In den Beschlüssen v. 12.6.2024 – XII ZB 4/24 und v. 15.5.2024 – XII ZB 490/23 stellt der BGH klar, dass das Betreuungsgericht im Fall der Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung gem. § 323 I Nr. 1 FamFG auch den Typ der Unterbringungseinrichtung (Krankenhaus, Heim, Behinderteneinrichtung, Tagesstätte, sonstige Einrichtung) angeben muss. Es ist aber keine konkrete Einrichtung anzugeben.

Siehe dazu auch HK-BUR/Braun § 323 FamFG Rn 28: „Dabei ist aber nicht so weit zu gehen, dass auch die konkrete Einrichtung mit Namen und Adresse im Beschlusstenor aufzuführen wäre (...). Denn die Auswahl der konkreten Einrichtung obliegt dem hierfür bestellten oder ermächtigten Vertreter. Gerade hierfür hat dieser ja das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen bekommen, so dass er auch eigenständig entscheiden kann, mit welcher Einrichtung er den Behandlungs- oder Heimvertrag schließt.“


Verlag C.F. Müller

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