31.8.2022
1. Zur Form der Bestellung eines Verfahrenspflegers: Die Bestellung eines Verfahrenspflegers im Betreuungsverfahren kann auch im Rahmen einer verfahrensleitenden Verfügung des Gerichts und konkludent erfolgen.
2. Zur Einbeziehung des Verfahrenspflegers in das Beschwerdeverfahren bis zur Rechtskraft der der Beschwerde unterliegenden Endentscheidung
1. Ob die Verfahrenspflegerbestellung auch formlos und konkludent möglich ist oder ob sie eines förmlichen Beschlusses bedarf, war bislang umstritten.
Nach einer Ansicht muss die Verfahrenspflegerbestellung ausdrücklich durch Beschluss erfolgen (Keidel/Giers FamFG 20. Aufl. § 276 Rn. 18; Dutta/Jacoby/Schwab/Schneider FamFG 4. Aufl. § 276 Rn. 16; MüK FamFG/Schmidt-Recla 3. Aufl. § 276 Rn. 13; Prütting/Helms/Fröschle FamFG 5. Aufl. § 276 Rn. 78). Nach einer weiteren Ansicht kann sie auch konkludent erfolgen, etwa durch Ladung des Verfahrenspflegers zum Anhörungstermin (vgl. OLG Frankfurt BtPrax 1997, 73; BeckOK FamFG/Günter [Stand: 1. Januar 2022] § 276 Rn. 18; Jürgens/Kretz FamFG 6. Aufl. § 276 Rn. 13; Jurgeleit/Meier Betreuungsrecht 4. Aufl. § 276 FamFG Rn. 10; Leeb/Weber NJOZ 2014, 1201, 1205 [Fn. 68]).
Der BGH hat sich der letztgenannten Auffassung angeschlossen. Die Verfahrenspflegerbestellung kann demnach auch im Rahmen einer verfahrensleitenden Maßnahme des Gerichts und konkludent erfolgen. Denn das Gesetz sehe für sie keine besonderen formellen Anforderungen vor. Ein den Erfordernissen des § 38 FamFG entsprechender Beschluss ist schon deswegen nicht erforderlich, weil die Vorschrift nur für Endentscheidungen gilt. Dementsprechend muss die Bestellung des Verfahrenspflegers nicht begründet werden. Es handele sich um eine nicht gesondert anfechtbare Zwischenentscheidung. Für Zwischenentscheidungen ordnet das Gesetz nur in bestimmten Fällen, wie etwa für die förmliche Beweisaufnahmenach § 30 FamFG, besondere Formerfordernisse an (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 195), woran es in § 276 FamFG fehlt. Die Verfahrenspflegerbestellung bedarf laut BGH daher keines Beschlusses, sondern kann auch konkludent im Rahmen einer verfahrensleitenden Verfügung erfolgen. Da die Verfügung für den bestellten Verfahrenspfleger Außenwirkung hat, ist sie diesem bekanntzumachen. Zur Wahrung der Anhörungsrechte des Betroffenen und der übrigen Beteiligten ist sie diesen ebenfalls rechtzeitig vor Erlass der Endentscheidung mitzuteilen. Dabei bedarf es indessen einer vorherigen Mitteilung zur beabsichtigten Bestellung und Auswahl des Verfahrenspflegers nicht.-
Zwar sei – so der BGH – schon aus Gründen der Transparenz und der Praktikabilität zu empfehlen, die Bestellung des Verfahrenspflegers durch Beschluss anzuordnen (vgl. Leeb/Weber NJOZ 2014, 1201, 1205 [Fn. 68]; BeckOK FamFG/Günter [Stand: 1.1.2022] § 276 Rn. 18). Dieser sollte zudem die für die Vergütung maßgebliche Feststellung enthalten, dass die Verfahrenspflegschaft gegebenenfalls berufsmäßig geführt wird (vgl. § 277 Abs. 2 S. 2 FamFG) oder anwalts-spezifische Tätigkeiten erfordert (vgl. dazu BGH FamRZ 2013, 1301 Rn. 6 ff.).
Diese Feststellungen seien indessen nicht notwendiger Bestandteil einer Verfahrenspflegerbestellung. Eine Formbedürftigkeit der Verfahrenspflegerbestellung lasse sich aus diesen mithin nicht herleiten.
2. Dagegen rügte die Rechtsbeschwerde laut BGH zu Recht, dass das Beschwerdegericht eine Einbeziehung der Verfahrenspflegerin in das Beschwerdeverfahren nicht für erforderlich gehalten hat. Der vom Gericht bestellte Verfahrenspfleger sei – so der BGH – vielmehr bis zur Beendigung der Bestellung iSv § 276 Abs. 5 FamFG (Rechtskraft der angegriffenen Endentscheidung, Rücknahme des Rechtsbehelfes, Aufhebung der Verfahrenspflegschaft) umfassend am Verfahren zu beteiligen, mithin auch im Beschwerdeverfahren. Vorliegend war der Verfahrenspflegerin insbesondere der Bericht der Betreuungsbehörde mitzuteilen. Dies war vom AG nicht veranlasst und vom Landgericht nicht nachgeholt worden.
Der BGH hat die angefochtene Entscheidung daher aufgehoben und an das LG zurückverwiesen.